Sind die Wünsche verschwunden?
Wunschlos glücklich. Ist dies nun ein Zustand, in dem alle Wünsche erfüllt sind, darum keine mehr bestehen – oder ist es vielmehr so, dass der Wunschgedanke an sich verschwunden ist? Oder ist das eine Folge des anderen? Mit dem Wunschgedanken sind wir auf eine ausgesprochen paradoxe Angelegenheit gestoßen. Denn sobald wir einen Wunsch formulieren, zementieren wir sein ungefähres Gegenteil.
Unerwünschte Situation?
Wir bestätigen uns, dass wir in einer nicht wünschenwerten Situation leben. Und wie von ungefähr kommt es auch schon in die Szenerie geschwebt – unser hoch verehrtes Konjunktiv. Wäre, würde, sollte, hätte, wenn. Wir möchten den Wunsch – an sich doch eine wunderschöne Sache – nicht verteufeln. Jedoch, wenn wir ganz dicht an diese Begrifflichkeit heran treten, tun sich ganz erstaunliche Dinge auf.
Realitätsfern?
Es scheint ein wenig, als würden wir den Begriff “Wunsch” von unserem restlichen Leben abtrennen. Ein Wunsch ist immer irgendwie entfernt von unserer Realität. Der Punkt ist: Das ganz genaue Gegenteil ist der Fall. Wir leben den Wunsch. Unerfülltes Verlangen bestimmt zu großen Teilen über unser Verhalten in den Gesellschaftsstrukturen. Der Wunsch zeichnet ganz deutliche Grenzen. Begrenzungen in unserem Dasein.
Wünsche sind Tendenz?
Denn es geht um das, was wir können (haben können) und das, was wir uns lediglich wünschen. Wir tragen jedoch mit unserem Verhalten Sorge dafür, dass die Wünsche zumindest die Tendenz erhalten, zur Wirklichkeit zu werden. Das heißt, vermeintlich unerreichbare Dinge und Aktionen bestimmen über unser Leben. Dinge, die überhaupt nicht existieren, lediglich unter Umständen möglich sind. Und mit unserem Wunsch, der ausdrückt, dass diese Dinge in (zumindest vorläufig) unerreichbarer “Entfernung” sind, manifestieren wir sie in unserer Lebensgestaltung. So oder so.
Wunsch oder Wille?
Das kann durchaus positiv sein. Ein Schreiner der den Wunsch hat, eine bestimmte Form herzustellen, wird in aller Regel Erfolg damit haben. Ein Mensch, der sich wünscht, eine bessere Kondition zu haben und dafür Gymnastik betreibt, wird entsprechend fitter sein. Doch wir verlieren uns in Begrifflichkeiten. Ist dies dann noch Wunsch oder bereits Wille? Wünsche, auch der Wille eine bestimmte Konstellation im “Leben” zu erreichen, reissen uns, so sie nicht aus der Liebe stammen, in einen Strudel des Gesellschaftsdenkens.
Von der Gesellschaft formulierte Wünsche?
Denn außerhalb der Liebe formuliert lediglich diese dualistische Gesellschaft die Wünsche. Und so sind sie materiell, urteilend, abschätzend. Es sind unsere Hand- und Fußfesseln, die Regeln der Gesellschaft, die wir auf uns selbst projizieren. Wir formulieren diese Wünsche – und es sind unterbewusste Ziele, Vorgaben des Egodenkens. Ein Wunsch – nicht ein Traum – ist auch immer Statement. Ist immer Anspruch. Darin liegt die Intensität.
Wünsche in der Differenzierung?
Wünsche in der Gedankenkonstruktion des Urteils, des Unterschiedes, sind immer dessen Manifestation. Tatsächlich wird auf dem Pfad ein Punkt erreicht, wo dem Suchenden die vollkommene Sinnlosigkeit von Wünschen klar wird. Denn – wie könnte die Situation, die wir mit unserem Wunsch bezwecken möchten, (aus unserer lediglich “wahrnehmenden” Sicht der Dinge) auch nur zu einer Winzigkeit, sich der Glorie und Herrlichkeit nähern, welche die Schöpfung uns in Liebe zugedacht hat? Nämlich den jetzigen Augenblick? Das Jetzt?
Ein mächtiges Werkzeug?
Wie deutlich wird, sind die Wünsche ein mächtiges Werkzeug – sie bestimmen unseren Lebensinhalt. Sie zu reduzieren, hin zu einer Anspruchslosigkeit, die keineswegs Verzicht bedeutet, ist ein Anfang – dahin, zu verstehen, dass jeder Wunsch, der ehrlich ist, längst erfüllt ist. Das Verständnis, dass es in der wunderbaren Wahrheit, die sich mir auf meinem Weg auftut, keine Wünsche mehr geben braucht.
Fazit
Die gelebte, gedachte Anspruchslosigkeit, das wunschlose Sein in Liebe, wird demjenigen, der es aufgrund seines ehrlichen Herzens erfährt, alles an Mitteln zukommen lassen, was er für seine Aufgabe, für ein Leben in Freude, benötigt. Das Vertrauen in die liebende Schöpfung ersetzt den Wunsch. Und dieses Vetrauen lässt uns das wahrhafte “wunschlose Glücklichsein”, wie es das Ziel der Wahrheit der Liebe für jeden von uns ist, verspüren und schließlich leben.
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