Thich Nhat Hanh – „Interbeing“
Es gibt einen Ausdruck in der Spiritualität, der sie in sich vollkommen erfasst. Der herausragende, leider schon ins andere Blau gegangene, buddhistische Mönch und Bodisatwa, Thich Nhat Hanh, ein Verfechter des „modernen Buddhismus“, prägte ihn. Das „Intersein“, „Interbeing“ steht am Anfang und am Ende – es befindet sich über allem – es ist absolut. Die Vokabel „Intersein“ versucht, die Zusammengehörigkeit allen Seins, das Auflösen jedweder Trennung im „Leben“, ja, die durchdringende Nichtexistenz der Abspaltung der Menschen von Gott, zu verdeutlichen.

Erdiger Glaube
Thich Nhat Hanh vertrat einen sehr „bodennahen“ Glauben. Es ging ihm immer um das „reale“ Hiersein, sein Bestreben war es, dem „Leiden“ in konkreter, sozusagen „sachlich“ hilfreicher Opposition gegenüber zu treten. Das Paradies, Nirwana – es existiert. Jetzt. Hier. Es ist ganz genauso real, wie es der Schmerz ist. Und so hat auch dieser Schlüssel zum Verständnis etwas sehr „Welten bezwingendes“, man ist geneigt zu sagen, etwas „erdiges“, eine Konsistenz von Humus. Schlichtweg bezaubernd.
Das Innerste
Es ist durchaus üblich zu sagen, „Sieh doch, ganz der Vater!“ Oder bei einem Gemälde: „Man kann den Wald förmlich riechen!“ Ein guter Wein … wir schmecken die Erde. Der buddhistische Meister zeigt mehr auf. Es geht ihm um das Innerste unserer Welt. Um urschöpferische, heilige, die Ewigkeit potenzierende, Liebesdynamik. Das Eins-Sein aller Dinge in einer dermaßen unvorstellbaren Größe und „Dringlichkeit“ dass „menschlicher Geist“ nie genügen würde, es zu schauen. Nur ein schwacher Glanz kann uns gewahr sein.

Keine Geburt, kein Tod
Der Lehrer hält ein weißes Blatt Papier in den Händen. Hier ist die Ewigkeit. Es gibt keine Geburt und es gibt keinen Tod. Er hält eine Flamme an das Papier, legt es auf eine Silberschale, wo es verbrennt. Stirbt das Blatt Papier? Wo ist es geboren? In der Holzfabrik? Wo geht es hin? In ein „Nichts“? Das Papier transzendiert sich in sich selbst. Es wird zu dem, was war. Moleküle im Rauch, der Asche, Mineralien. Erde.
Nie bin ich geboren, nie sterbe ich
. Nicht komme ich aus Norden oder Westen, Süden oder Osten,
noch gehe ich dort hin.
Ich bin.

Regen, Erde, Sonne – das Blatt Papier
Doch da ist noch anderes zu erkennen, im Dasein dieses Blattes Papier, mit gleicher, mit ungleich größerer Potenz. Der Same eines Baums, die Sonne, der Wald, der Regen. Der Wurm, das Reh, Wildschwein. Die Seen, das Meer. Die Berge und Täler. Das ist dies Blatt Papier – dies schwebt in dieser Flamme, ihrem schwarzen Rauch. Das ist das unbedingte Sein. Leben und Tod sind bloße Floskel. Hier ist sie „greifbar“. Die heilige Wirklichkeit. Das ist INTERSEIN. AllesEins. Vollkommene Liebesewigkeit.

Erkenntnis
Wenn diese – noch dazu in jedweder Wertung gültige – Sichtweise der Dinge zur „einzigen“, verinnerlichten Idee des Suchenden, langsam sich gestaltet – erkennt er den Buddha in sich, das kleine Kind. Denn hier, in dieser Gewissheit der Einsheit, ist die Liebe lebendig, tun sich all die Tore auf, die freien Raum nun geben, sich selbst beweisenden Platz. So wird im Weiteren eine andere erstaunliche Erklärung Raum finden, im buddhistischen Verständnis, vor allem, obwohl alt und verankert, in diesem Zeitalter der Menschheit oft gelehrt, zur Definition herbei gezogen. Viel mehr als eine Erklärung, ist es unbedingte, ganz praktische Wahrheit. Wunderschön, von einem Zauber, wie ihn nur die Schöpfungsliebe hervorbringen kann.

Un-Form hinter der Formenwelt
Es scheint diese Wirklichkeit jedoch subtil von einer starren Mechanik angehaucht – und genau diese löst sie auch auf. Es ist, Lord Buddha erkannte die Un-form hinter der Form. Jedes Ding, jede Sache, ist zusammengesetzt aus „Nicht-Sachen“ – Nicht-Dingen. Betrachten wir eine Blume im Sommerwind, so sieht der Buddha sie als zusammengesetzt aus „Nicht-Blumen“-Anteilen. Da ist die Sonne, die Luft, die Mineralien, das Wasser, winzige Materieteilchen. Vielleicht der Gärtner, der sich um sie gekümmert hat. Der Garten, wo sie wuchs. All diese „Nicht-Blumen-Elemente“ machen die Blume aus. Und mit tatsächlich ALLEN Dingen verhält es sich genau so. Wie im großen so im Kleinen. Wir gehören mehr als unbedingt zusammen. Wir sind der Planet, die Universen.

Unique
Dies ist das EINS der Erde! Das ist die vollkommene Proklamation des Zusammenseins, der wahrhaftigen Einheit. Das ist Intersein. Und der Weg führt noch weiter hinein, in das vollkommene Intersein, das perfekte AllEins. Es geht um die Machart der Dinge selbst. Auch sie begreift sich in diesem Interbeing. Die Stichworte sind Skaleninvarianz. Mandelbrot. Fibonaci, Fraktale. Der goldene Schnitt. Alles ergibt sich aus sich selbst. Was sich so letztlich, in Summe, auftut, ist der heilige, singuläre Raum, in dem wir leben.

Fazit
Können Sie wirklich erkennen, wie wahrhaftig HEILIG dieser Ort ist, den wir als schlafender, träumender Gott erschaffen haben? Wie erstaunlich in seiner sich potenzierenden Schönheit, wie perfekt, wie vollkommen sicher, angstfrei? Es existiert schlicht und einfach kein Grund für die geringste Befürchtung. Es offenbart sich in der Machart der Welt die Liebe der Schöpfung. Wir sind Eins in expandierender Liebe. Die Welt ist Liebe. Wir sind Liebe.
