Ist Tantra feministisch?

Nichtexistenz von Unterschieden?

Betrachtet man die landläufige Meinung, den Informationsstand der Allgemeinheit, so wird beim Stichwort „Tantra“ wohl eher das Gegenteil vermutet. Tantramassage – Kamasutra. Willige, biegsame Frauen? Nun, mit einem Plus an Wahrheit über das Wesen der Tantra-Sexualität, werden ganz erstaunliche Züge dieses Weges offenbar, die all diese Gegensätzlichkeiten, diese Urteile, die zu obiger Perspektive führen, ganz einfach auflösen, ihre Nichtexistenz belegen.


Sexualität in Prüderie definiert?

Was bedeutet Feminismus in der Sexualität unserer Gesellschaft? Dazu sehen wir uns an, wie sich die Sexualität, (alleine dieses Wort spricht schon für auferlegte Begrenzungen) momentan zeichnen lässt. Sie ist in höchsten Grade nicht nur manipuliert und durch ultratief verwurzelte Prämissen geregelt – beschnitten – sondern, vor langer, langer Zeit schon, zu einem Machtinstrument von Staat und Kirche verkommen. Und hier hat die Frau nicht viel zu melden. Ist lediglich Sache.

Manipulierte Geschlechtlichkeit?

Unsere Sexualität (ein „gesellschaftskonforme“ Sexualität) ist genau so von den Regeln des Staates entworfen. Auf eine selten perfide Art und Weise haben die Machtinstitutionen es geschafft, den Mensch mit seiner Geschlechtlichkeit in Zwang zu nehmen. Die Sexualität wurde zu einer Waffe der Unterdrückung, zu einem Werkzeug der Sünde, zu einem Makel, zu einer verbotenen (beschränkten) Angelegenheit. Schon Hinweise in Richtung „freier Sexualität“ werden mit Arg-wohn betrachtet.

Welche Art von Sexualität leben wir?

Die Perspektive, der Draufblick, den die Institutionen in den Köpfen der Menschen bezüglich ihrer Geschlechtlichkeit, ihren Wunschträumen in dieser Hinsicht, ihren Trieben, ihrer Sinneslust, fest zementiert haben, ist mehr als traurig. Der weibliche Körper verkommt (wenn es zum Beispiel nach der katholischen Kirche geht) zum Gebärwerkzeug. Ist manchmal nicht mehr als Spielplatz für die Lust des Mannes. Tausende von Verboten, Moralismen, Regeln, auch Erwartungen, die immer ein schlechtes Gewissen erzeugen, begleiten die Angelegenheit.


Transzendierung des Körpers?

Die Zeiten sind im Umschwung, das ist allzu deutlich. Das Tantra jedoch hat diesen Wechsel der Perspektive schon vor 10 000 Jahren getan – mit den vedischen Schriften, die auch die Lehren, das Zwiegespräch der Göttlichkeiten über den Sex – die Lehren des Tantra – enthalten. Der wesentliche Grundsatz des Tantra – die Transzendierung des Körpers hin zu göttlicher Energie – beinhaltet natürlicherweise eine absolute „Balance“. Unterschiede, die eine Dynamik wie den „Feminismus“ hervorrufen könnten, haben hier keine Existenzberechtigung.

Absoluter Feminismus?

Aus diesem Grund wirkt die Sexualität im Tantra als große Befreiung der Frau, heraus aus einer gewissen „Nichtexistenz“, (besser vielleicht einer Vernachlässigung), die Frauen sonst vielfach in ihrer Lust erfahren – einmal weil sie selbst ihren Körper nicht wirklich kennen, zweitens weil der Mann den Körper seiner Partnerin nicht kennt, auch weil, ganz biologisch, die männliche Lust sehr egozentrisch ist. Weil – mehr als beim Mann – tausende von anerzogenen Ängsten, Scham-haftigkeiten, Intimitätsansprüche, die Frau verunsichern. Ganz wie gewünscht, für’s Patriarchat.


Sexualität zur Chefsache erklärt?

Der Trick der Religionen war so einfach, wie durchschlagend wirkungsvoll: Sie erklärten die Sexualität für Heilig. Nachdem die Kirchen jeden Anspruch auf Heiliges vertraten, war es also damit um irgendeine freie Sexualität geschehen. Sie, die Glaubensgemeinschaften, taten mit diesem Machtinstrument was sie wollten, tun es bis heute und halten die Menschen in ihren Gedanken-fesseln. Gerade die Kirchen, die doch für eine Verbreitung von jedweder Liebe stehen sollten, gestalten die menschliche Sexualität zu einem, im Verborgenen gehaltenen, schmutzigen, Unding.


Komplett falsches Selbstbild?

So ist ein urtief verwurzeltes Selbstbildnis in unserer Sexualität entstanden, das wir, ohne es zu ahnen, wie eine Fahne vor uns hertragen. Die Rollen in der Sexualität sind verteilt, es steht fest, was zu passieren hat, was überhaupt passieren kann – denn die angelernte Sicht der Dinge schließt in aller Regel – sehr oft – vollkommen unbewusst – eine ungeheure Menge aus. Wir sehen hier widergespiegelt das Bild der Gesellschaft von sich selbst. Wie sie mit dem Thema Liebe und Sexualität umgeht, wie sie es definiert – ein einziges Urteilsdenken, das natürlicherweise zu ungeahnten Ängsten führt.


Die Waffe der Angst?

Die Gesellschaft schlechthin ist von Angst, von Ängsten definiert. In der Liebe gibt es keine Ängste. Darum muss die Gesellschaft die Liebe zwangsläufig beschränken, mit Regeln, mit Verboten versehen. Denn nur so – mit Angst versehen – passt sie in das Bild, das die Gesellschaft ausmacht. Und dieses Bild ist zudem das einer von Männern beherrschten Welt – ganz klar und immer noch. So scheint auf, wie mithilfe eines obskuren, zurecht geschnitzten Bildes einer Sexualität, eine männerbestimmte „Weltordnung“ aufrecht erhalten wird.


In einer beschriebenen Sexualität gefangen?

Betrachtet man sich die Situation aus ein wenig Distanz, wird etwas anderes deutlich: Mit den Restriktionen, die in Hinsicht auf die Sexualität auferlegt sind, werden wir gefesselt. (? Es gibt für diesen Zustand kein deutsches Wort?). Nun – die Augen sind ein Sinnesorgan, die Ohren, es gibt den Geruchssinn. Den Tastsinn. Den Geschmackssinn. All diesen Sinnen sind Körperteile zugeordnet. Und nie, (außer im Mittelalter als drastische Strafe) würde jemand auch nur auf die Idee kommen, diese Sinne offensiv zu beschneiden. Was aber passiert mit der Sinneslust? Das dazugehörige Körperorgan, Lingam, Yoni, (sogar die Brust?) wird versteckt, ist nur den wenigsten zugänglich, darf sich nur unter gewissen Umständen entfalten, ist in seiner großartigen Funktion sowieso eher „unbekannt“ (will heißen „intim“).


Yoni und Lingam sind Sinnesorgane?

Es ist, mit dem festgemauerten Bild der Gesellschaft nicht möglich, zu erkennen, dass unsere Geschlechtsorgane ganz genau so Sinnesorgane wie Nase, Mund und Ohren sind. Mehr noch, in ihrer Funktion sind sie noch wesentlich heiliger als es die anderen Sinnesorgane! Denn sie sind es, – Lingam und Yoni – die Liebe ganz konkret und direkt weitergeben können, sie sind es, die das Leben verkörpern: Nicht nur Fortpflanzung – sondern nämlich das Weitergeben, das Teilen von Freude, von Lust, von Sinnesvergnügen. Von LIEBE. Tödlich so, für jede konsumorientierte Gesellschaft. Für das in Dingen verhaftete Leben. Für das Egokonzept. Und darum bis auf das Äußerste reglementiert.


Der sinnesfähige Körper – ein Geschenk der Liebe, der Schöpfung?

Wir haben das reine, strahlende, von Zärtlichkeit und Vergebung durchdrungene Bild der Liebe zu einem stinkenden Misthaufen aus Schuld, Moralismen, Erwartungen, Schlussfolgerungen und einer ungezählten Menge an Verboten verkommen lassen. Die Liebe, die die Gesellschaft definiert, hat nichts mit dem zu tun, was Wahrheit ist, was Wirklichkeit ist. Das, die tatsächliche Realität, aus der Quelle, ist nämlich der Körper, mit seiner Sinnesfähigkeit, als Geschenk der Schöpfung (die wir selber sind) das wundervolle Instrument, die Liebe weiterzugeben.


Nicht die von der Gesellschaft beschriebene Liebe?

Wir reden – und das ist ein wichtiger Punkt – von LIEBE. Und zwar eben nicht von der in der Gesellschaft widergespiegelten Liebe. Hier geht es um eine Liebe, die eben keine Unterschied-lichkeiten kennt, keine Urteile. Die vollkommen außerhalb der Definition der „Welt“ steht. Es geht nicht um „zügellosen Sex“. Es geht überhaupt nicht um das, was im Denken der Menschen als „Sex“ abgelegt ist. Für uns, die wir jeglichen wirklichen Bezug verboten bekommen haben, zu diesem so wichtigen Sinnesorgan, gilt es zuallererst, die herausragendsten Blockaden in unserer Denkart aufzulösen.


Eine Entscheidung treffen?

Das passiert im Tantra mittels des Prinzips der sieben. Chakren und der mit ihnen verbundenen Nadis – der gewaltigen Symbolik der Kundalinischlange zudem. Und es ist so einfach, wie einen Lichtschalter umzulegen. Ein wenig obskur: Du betätigst den Lichtschalter. Jede Erfahrung, (das Licht brennt ja bereits!) jeder andere Mitmensch, der Staat, die Kirche, die Familie, die Schule, die Uni, die besten Freunde – selbst Dein Partner im Bett – sie sagen Dir: Wenn du den Schalter betätigst, wird es dunkel. Das möchtest Du aber nicht. Also lässt Du den Schalter bleiben. ANGST. Was aber passiert, wenn Du den Schalter betätigst, das ist, dass es STRAHLEND HELL wird, das „Licht“ vorher, erscheint nun bloß noch als graues Dunkel. Es erfüllen sich also nicht die Erwartungen der Gesellschaft, sondern die der Liebe. Wenn Du es nur ehrlich möchtest.

Fazit

Das ist der Sprung von sicherer Erde in den dunklen Abgrund. Wenn Du Deine Angst überwindest, und einfach diesen Schritt in den vermeintlichen Abgrund tust, landest Du im selben Moment auf dem goldenen, sicheren Boden der absoluten Liebe, die Dich zärtlich umfängt. Es gilt das Bild von uns zu überwinden, welches die Gesellschaft uns zu zeichnen gezwungen hat. Und das ist auch der Wille der Liebe – sie empfängt Dich mit all der zeitlosen Fürsorge, zu der sie in ihrer Absolutheit fähig ist.

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