Glaube heißt „opfern“?
Ein unbewusster Impuls, ein unwillkürliches Zurückschrecken, wenn es darum geht, „zu Gott zu finden“ wenn einem das Angebot begegnet, unser, das von uns zelebrierte, offensichtlich leidvolle Leben, gegen eines voller Liebe einzutauschen. Der Westen ist da in der subtilen Idee der Dornenkrone gefangen, auch die „Fakire“ des Ostens neigen zu Entbehrungen. Der Weg zu Gott, so wird eindeutig gezeichnet, ist ein leidvoller, er verlangt Opfer.

Übermächtige Zeugen
Das dualistische Denkgefühl bietet tausende von hehren Zeugen auf, die bestätigen, der Lebensweg ist durchaus leidvoll. Krankheit, Tod und Krieg seien seine soliden Grundbausteine. So scheint denn doch das Leben selbst ein einziges Opfer zu sein – zu Ehren einer höheren Macht? Wir hängen fest, in dieser undurchsichtigen Wolke der Lebensqual, versuchen – angetrieben vielleicht von einem gewissen Zweifel – in dieser Konstruktion Glück und Liebe zu finden.
Im Egostreben gibt es kein Glück
Doch – dies ist ein Grundgedanke des Egostrebens – suche und finde nicht! Denn, schon die Definition jener Begrifflichkeiten, die uns hier angeboten werden, stammt aus einem Denksystem, welches sie für vollkommen unmöglich erklären muss. Das ist verschleiert – man könnte sagen, hinter dem, was wir „Leben“ nennen. So sind wir gezwungen, uns, scheinbar bis in alle Ewigkeit, in demselben Kreis zu drehen. Bis wir hinter die Kulissen zu sehen lernen.

Wertigkeiten
In unserem Lebensgebaren, unserer „generellen“ Denkschablone, nimmt das System des „Geben und Nehmen“ – das, nämlich, worauf das Opfern letztlich herausläuft – einen übermächtigen Platz ein. Weil alles um die Prämisse „Haben oder Nichthaben“ geht, verdreht sich der ehrenwerte Grundgedanke, der ursprünglich – naiv – hinter der Opferidee steht, in sein komplettes Gegenteil. Was zum Vorschein kommt ist purer Egowille, ein Handelsvertrag vorgeblicher spiritueller Kräfte, der Erlösung durch Formen des Schmerzes verspricht.
Die Liebe kennt keinen Schmerz
Der Schöpfung aber ist jedweder Schmerz vollkommen unbekannt. Sie ist nicht in der Lage, ihn zu sehen. Die Schöpfungsliebe nimmt genauso wenig unsere anderen Wallungen, wie Wut, Gier oder Neid wahr – was sie erkennt, ist, dass ihre eingeborenen Kinder leiden – sie leiden in dem übermenschlich herrlichen Paradies, das für sie erschaffen wurde – die Menschen können es nicht schauen. Denn, sie blicken wie gebannt auf die vielen kleinen Götzen, die ihnen von der großen Illusion, im Tausch gegen ihren Seelenfrieden, angeboten werden.

Geben und Nehmen
Das „Opfer“, in jeder Form, ist ein Grundalgorithmus partitionierenden Denkens, die Idee, gewisse „Wertigkeiten“ auszutauschen. Der Ablasshandel im Mittelalter zeigte sich, beispielhaft, lediglich als simple Umsetzung. Was uns also zu denken geben sollte, ist die Tatsache, dass die Idee des Opferns – die in gewisser Weise tatsächlich unser Dasein ausmacht – (wir „opfern Zeit, Geld, Gefühle, Kraft …) – von der liebenden Schöpfung nur insofern registriert wird, als dass sie uns leiden sieht. Uns aus diesem unserem „Daseins-Ungemach“ befreien, erlösen möchte.

Wir besitzen uns?
Es ist vielleicht von Vorteil, sich in diesem Zusammenhang den Begriff des „Besitzes“ näher zu betrachten. Der scheint ja nun die Wurzel des Übels zu sein. Man könnte meinen, er definiere unser „Ich“? Wir besitzen einen Körper, Kleider dazu, uns „gehört“ eine gewisse Stellung in der Hierarchie, generell haben wir uns eine Menge an Informationen „angeeignet“. Unser Spieleinsatz? Werteinteilung. Urteil. Mangelbewusstsein. Opfermentalität, Kleinheit.
Wertendes Urteil
Wir können also erkennen, dass all diese Wertigkeiten lediglich unsere Einbildung sind, Illusion – wie schon die Indianer Nordamerikas erkannten – wie könnte ein Stück Landschaft irgendwie, irgendjemanden „gehören“, wer könnte „Besitzanspruch“ anmelden“, – was sagt ein Stück Papier aus? Ein gigantischer Irrtum des wertenden Urteils, in dem wir unser Dasein gestalten. Was also zu sehen ist, dass unsere Beteiligung als „Opfer“, tatsächlich lediglich eine selbst angenommene, selbst generierte „Opferrolle“ darstellt. Sonst nichts. Wir ergehen uns in Opfermentalität – in illusorischen Prämissen.
Jenseits der Lüge
Hier pulsiert eine verhängnisvolle Dynamik – eine sich selbst potenzierende Bequemlichkeit – die dringend nach wahrer Liebe ruft. Diese wirkliche Liebe zeigt ihr einziges Ziel auf, dies ist ein Platz jenseits der Seifenblase von Besitzansprüchen, Opfergedanken, Schuldzuweisungen, Verurteilungen. Nichts außerhalb der Schöpfungsliebe war jemals wahr, hatte jemals Existenz. Und es liegt an Dir, Dir zu sagen, dass du – ganz singulär – diese Schöpfungsliebe bist. Wie könnte so denn jemals irgendein Konflikt entstehen?

Kein Grund zu opfern
Aus einer wahrheitlichen Perspektive heraus, aus einem Selbstbild, das die Wirklichkeit spiegelt, findet sich kein einziger Grund, kann keine Definition jemals, die Existenz des „Opfergedankens“ schlechthin rechtfertigen. Er funktioniert aus seinem innersten Grund heraus nicht, – „Du kannst aus Wassertropfen keinen Turm bauen.“ Würden wir all die unterbewussten und auch offensichtlichen Schuldkomplexe und Opferrituale ablegen, der Frieden und die Liebe kämen unweigerlich zu uns.
Absolute Schöpfung
Aus reiner Vernunft heraus dürfen wir akzeptieren, dass die Schöpfung omnipotent – ABSOLUT – ist. Die einzige Begrifflichkeit im menschlichen Sprachgebrauch, die alle Konditionen für ein singuläres, Absolutes, erfüllt, ist die Liebe. Der Anspruch einer absoluten Schöpfung ist also, vollkommen durchdringend, die wahrheitliche Liebe. Leiden, Tod, Hass, Gier dagegen … das wäre ein Willen, getrennt von dem absoluten Willen der Liebe – schlechthin eine Unmöglichkeit – also pure Illusion.

Fazit
Die Auflösung dieser mit tiefer Tristesse beladenen Situation des Menschen, auf seinem mit Opfern übersäten Leidenspfad, auf seinem eingebildeten Kreuzweg, von der Wiege auf die Bahre – das ist die einfache Wahrheit. Liebevolle Gedanken, die einzig wahren Gedanken, die all die Negativismen ersetzen, ganz mechanistisch zu Beginn, aus tiefster, heiliger Überzeugung im Verlauf – das ist zielführend. Mit der wahren Liebe, frei von jeder Körperlichkeit, ist uns ein Generalschlüssel zum Glück, frei von Opfern, und dem ewigen Frieden gegeben.