Der Anker 

Tosende Wellen des Lebens

Es ist ein Bild, das man vielfach in den Wohnungen der Menschen findet. Ein Fischerboot auf tosend wogenden Wellen, ein Spielball der Naturgewalten. Ein Spiegel der Lebensauffassung, mag es sein. Der Mensch, winzig im Angesicht der unvorhersehbaren Schachzüge des Allmächtigen, winzig, hilflos, größeren Mächten hilflos ausgeliefert, das zerrissene Segel nur bittere Farce. Das Boot gewiss dem Untergang geweiht, die Gesichter der Fischer in Verzweiflung.

Spielball Gottes?

Dies ist wohl die bittere Einsicht unseres Selbst – das Individuum wird zum Staubkorn, allein in seiner Winzigkeit, in einem Universum, das ihn zu Überleben zwingt, während es ihn zu verschlingen sucht. Der chaotische Orkan ist das geldwerte System – ist der freie Wille der Menschen, in definiertem Leid, in Vergänglichkeit und erbarmungsloser Furcht vor dem Leben selber, zu existieren. 

Selbstschau

Und immer wieder, immer drängender taucht dieser Zweifel ob der Sinnhaftigkeit des Daseins auf, der zur nagenden Ungewissheit wird, zur brennenden Frage: Warum leiden die Menschen so umfassend? Gibt es ein Entrinnen aus dieser Konstellation? Wie kann ich es fertig bringen, mein Boot in sichere, ruhige Gewässer zu manövrieren? Ein erstes großes Hindernis, eines, das jedoch nur einen Atemzug entfernt liegt, ist die Erkenntnis über die eigene Anwesenheit in diesem Boot, diesem Sturm der Wertung im System.

Zu weit entfernt

Wir sind uns nicht bewusst, in welcher Lebenskonstellation wir uns befinden. Viel zu viele Angelegenheiten, Dinge, Gefahren, Ängste, gibt es, denen begegnet werden muss. So haben wir in großem Maße in unserem Denken delegiert. Abgegeben an die Allgemeinheit, die wir zu reflektieren versuchen. Die Wirklichkeit ist natürlich, dass wir lediglich unsere Augen und unserer Denken fest verschließen, vor etlichen Grundprämissen, die wir mit unserer Akzeptanz so klaglos hinnehmen. Die Vergänglichkeit nämlich, genauso die Wut und das Chaos der Gesellschaft.

Urteilend hin zur Blindheit

Wir haben unser Dasein in einen festen, vorgeblich vom „allgemeinen Konsens“ „produzierten“ Definitionsrahmen gepackt – die Art und Weise, wie wir dabei an die „Sache“ herangehen, ist fragmentierend, urteilend. Dieser Fragmentierung liegt eine unheilvolle Dynamik der Potenzierung zugrunde. Denn jede Einschätzung, jedes Werturteil (im allerweitesten Sinne) ist Ursache für weitere Unterteilung – das System verdichtet sich in chaotischer Weise. Im Zusammenhang mit unserem Bild vom Schiff in stürmischer See, sind dies dann die Sturmwolken.

Unser Gedankenorkan

Es sollte uns also ein Anliegen sein, unser Schiff aus diesem Sturm hinaus zu manövrieren, die Wolken und den Wind, der mit ihnen kommt, hinter uns zu lassen. Dies nun ist kein allzu großes Kunststück. Betrachten wir uns die Konstellation, stellen wir fest, dass die Gewitterwolken, die Sturmböen, lediglich und zur Gänze aus unseren Gedanken stammen. All das, was wir sehen, empfinden, hören, erleben – ist lediglich ein Film, den unsere Gedanken ablaufen lassen. Jedes einzelne „Ding“, vom Stein über diesen Tisch, jenen Berg, diese Galaxie – ein jedes davon – in bester buddhistischer Manier betrachtet – lediglich, ausschließlich „GEDANKENFORMATION“.

Die Welt ist Gedankenformation

Was wir also erkennen sollen, ist der Bezug auf uns selbst. Wir sind das Gewitter, sind der Orkan, unseren Gedanken entsprießt die Vorstellung des Bootes mitsamt seinen Insassen. Weil dies so ist, ist uns auch die Möglichkeit gegeben, es zu ändern. In der Meditation wird es uns gelingen, in stetem Fortschritt des Praktizierens, diese Gedankenformationen letztlich abzuschalten, zur Seite zu lassen, doch vorher sie zu durchdringen, sie anzunehmen, sie zu umarmen. Um sie, wie den Schmerz, den eine Mutter durch eine Umarmung ihres kranken Kindes lindert, weniger werden zu lassen, sie erträglicher zu machen – bis ihre Nichtexistenz gänzlich begriffen ist.

Ein ruhiger Ankergrund

An diesem Winkel unseres Seins also, weit entfernt vom Unwettergetöse des Gesellschaftssystems, werden wir unser Schiff in ruhigen Wasser parken, den Anker werfen. Diesen Ort zu finden, ist tatsächlich ein Pfad – Schritt für Schritt kommen wir, im Praktizieren der Meditationsübungen, dem Kern der Dinge näher. Unser Verstehen, Begreifen wächst – wird niemals aufhören zu weiter zu wachsen. Und eben dieses Lernen zeigt uns, wie wir uns distanzieren können, unsere Lernanstrengung zeitigt unmittelbare Erfolge, die es uns einfach gestalten, beschwingt und fröhlich, vollkommen ohne Angst, weiter zu marschieren.

Aufatmen

Nichts anderes als ein erleichtertes Erkennen der Irrelevanz unserer Gedankenprodukte – eine, an sich vollkommen klare Argumentationskette – führt dorthin. Doch das Phänomen, mit dem jede der wirklichen, wahrhaftigen spirituellen Gemeinschaften, die es gibt, zu kämpfen hat, wenn sie die Wahrheit verkünden möchte, ist, dass, obwohl die Argumentationskette lückenlos ist, die Menschen irgendwann „aussteigen“. Nicht mehr gewillt sind, zuzustimmen. Die Angst vor dem logisch unausweichlichen Oberhand gewinnt. Der kognitive Widerstand.

Nur wunderschön

Doch es ist an der Zeit, ein positives Bild aufzudecken. Die Tatsache, dass die überwiegende Mehrheit der Menschen immer noch den Konzepten des urteilenden Denkens verfallen ist, ist lediglich fadenscheinig. Die liebevolle Wirklichkeit einer Allleinheit rast mit Lichtgeschwindigkeit über den Planeten – der Punkt in der Zeit, an dem das Verstehen so zwingend, so allgegenwärtig, so selbstverständlich ist, dass niemand mehr sich ausschließen möchte und kann, ist nicht mehr weit entfernt.

Fazit

Wir alle werden unser Boot aus dem Sturm an einen Ankerplatz lenken, der schon lange für uns bereit steht. Der vollkommen unnötige Sturm, der das Element, in dem wir leben, in chaotischen Wirbeln taumeln lässt, löst sich durch Dich selbst, durch Deine Erkenntnis Deiner selbst (und damit die Erkenntnis über den Ursprung der Dinge) unweigerlich auf, verblasst und ist Dir irgendwann lediglich noch ein Lächeln wert. Ein jeder von uns ist von dieser großen Wahrheit nur einen Atemzug entfernt.

Interessant

Abhängikeit

Akzeptanz

Andacht

The tender unconditionality
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