Leben wir in einem System der Schuld?
Unser Leben besteht gemeinhin aus Angriff und Verteidigung. Das bedeutet sehr einfach, dass wir, aus unserer angenommenen Situation heraus, ein Urteil fällen – um diesem Urteil zu entkommen, greifen wir an. Wir projizieren unsere Ängste auf den „Gegner“. Er ist schuldig. Und wir müssen uns entweder gegen seine Bosheit verteidigen, oder aber ihn angreifen. Das Urteil eines Geistes über einen anderen, trennt, spaltet – nunmehr ist dieses Denken allein – in einer nach unverständlichen Regeln agierenden Welt.
Kann es in der Liebe Schuld geben?
Der Urgrund allen Angriffs, aller Verteidigung, aller Schuld, aller Angst – die uns zum Handeln in diesem obskuren System zwingt – ist also das Urteil. Wir befinden das Gegenüber als nicht der Liebe wert. Welch wahrhaftig irrsinniger, Gedanke! Gerade die Liebe ist doch absolut, kennt keine Begrenzungen, ist die Wahrheit. Doch das verrückte System der Welt ist darauf aufgebaut, sie, die Liebe, nach Belieben zurecht zu biegen, ihre Begrifflichkeit anzupassen oder sie komplett zu verleugnen, nie jedoch, sie in ihrer allumfassenden Wahrheit zu erkennen.
Basiert die Welt des Ego auf Urteil?
Dieses Weltengesellschaftsystem ist an seiner Schuld, die Grundlage ihres Denkens ist, zum kompletten Wahnsinn getrieben. Ihm, diesem Konstrukt aus Schuld und Strafe, haben wir unser Leben verschrieben. Sein ehernes Gesetz ist Leiden, Schmerzen, Tod. Neugeborene kommen mit und durch Schmerzen auf die Welt, sie wandern den Weg – erfahren Tod, Krankheit, Trennung, Leid, Kummer. Der Geist scheint gefangen, der Körper verletzlich. Das Grausamste: Was wahrhaft geliebt wird, scheint dem Verlieren anheim gestellt.
Ist das der Weg der Liebe?
Die Menschen scheinen zu lieben. Doch sie verlassen und man verlässt sie. Ist das die Welt der wahrhaft liebenden Schöpfung? Keiner, der nicht einen hartherzigen Gott als Verursacher sähe, für das, was wir in diesem Chaos, hilflos, erkennen können. Wir fragmentieren unser Leben durch den Begriff der Schuld, der Sünde. Dieser Begriff trennt – der eine ist mehr schuld, der andere weniger. Wir taumeln von einer unbewussten Angst zur Nächsten, suchen Konstanten in einem chaotischem System aus Schuldzuweisungen.
Wenn diese Welt der Unterscheidungen, der Hierarchien, die überfrachtet ist mit Ängsten, deren letzte Konsequenz immerwährendes Erleben des Todes, des Siechens, des brutalen Angriffs und der verzweifelten Verteidigung sind, als Weg zur Erleuchtung unabdingbar – so wäre Gott, die Schöpfung wahrhaftig grausam. Denn wie wäre es möglich, dass ein liebender Vater, eine fürsorgliche Mutter, ihre Kinder derart leiden lässt, um sie zur Erlösung zu führen? Denn die Liebe tötet nicht, um zu erlösen.
Kann die Erlösung im Angriff liegen?
Würde die Erlösung im Angriff liegen, würde man der Liebe unterstellen, zu urteilen. Dann wäre die Schöpfung tatsächlich eine strafende. Dieser Gedanke Adams – der Utopie einer Welt der Schuld – ist das, was wir als „Ursünde“ bezeichnen. Wäre er nicht mit diesem Gedanken unterwegs gewesen, wie hätte er jemals der Meinung sein können, die Gottesidee hätte ihn aus dem Paradies vertrieben?
Was hat die Fragmentierung mit der Schuld, der Sünde, zu tun?
Indem wir urteilen, trennen wir. Wir unterteilen in Gut und Böse, wir basteln uns ein Alleinstellungsmerkmal. Wir bauen eine Mauer. Wir verwandeln uns in eine mehr oder minder harte Billardkugel, die willkürlichen Kräften ausgesetzt ist, auf dem unebenen Grund des Billardtisches unseres Lebens. Weit entfernt von dem „Alles-Eins“ der Schöpfung lassen wir uns bewegen von den Energiewellen aus Schuldzuweisungen, Ethik und Moral. WIR sind fragmentiert!
Was ist dieses „Alles-Eins“?
Ja. Und hier ist er. Der Haken, der feste Punkt, an dem wir die Welt aufhängen, um sie zu bewegen. Nehmen Sie die nächsten Worte bewusst auf.
„Das, was wir als „Alles-Eins“ suchen, ist – leider muss man allegorisch werden – ist Herbst und Sommer, ist Blatt und Kaffeeduft, ist Träne und Buch, Wind, Einsamkeit, Staubkorn, Sexualität, Eisberg, Verachtung, Sonnenstrahl, Zorn, ist Baum, digitaler Wecker, Geld, Staunen und zarter Kuss, ist Rubin, Salz und Weltall, Erde, Vakuum und Wollsocke. Lassen Sie jede Kategorisierung weg. Keine Abgrenzung zwischen Zitronenschale und Laternenpfahl. Zwischen rotglühendem, duftendem Blütenkelch und dem Gefühl des Verlassenseins, des Hasses, kein Unterschied zwischen Wasser und Fels.“
Fazit
Was wir da gerade zu beschreiben versucht haben – dieses „Alles-Eins“- entzieht sich herkömmlicherweise jeder Beschreibung. Es ist ganz klar mehr, als ein Medium wiedergeben könnte – aufgrund der dem Medium zu eigenen, subjektiven Beschränkung auf sich selbst. Doch vielleicht tut sich beim dem Versuch, dies – was nicht zu erfassen ist – denn doch zu erfassen, ein winziges Leuchten auf. Denn dieses „Alles-Eins“ ist schlicht die absolute Liebe. Versucht man sie zu erkennen, wird sie dankbar ihre Lippen zum Kuss öffnen.