Praxisbezogenes Weltbild
Ein Grund für die Beliebtheit der buddhistischen Idee in unseren Tagen, ist das ausgesprochen offene Weltbild, das er vertritt. Das Theorem Buddhas kennt ursprünglich keinerlei Abgrenzung, Hierarchien sind ihm fremd. Der Buddhismus ist in diesem Sinn eine ausgesprochen praktische „Religion“ /Weltanschauung/ Philosophie.
Das generelle Problem
Das Problem, das sich generell auftut, ist eine Nichtwahrnehmung des Offensichtlichen – einfach gesagt, aus Mangel an Gelegenheit und Wille auf der Seite der „Weltgemeinde“. Diese Schwierigkeiten, eine adäquate, den grundlegenden dualistischen Logikkonsens aushebelnde, Erklärungsebene zu finden, ist allen Philosophien gemein. Es ist die Suche nach dem geheiligten „goldenen Gral“.
Falsche Grundlagenlogik
Die wohl anspruchsvollste Hürde hierbei, zeigt sich in der verorteten Dimension der Erklärungssituation. Denn die Basisalgorithmen unserer Kommunikationslogik, sind keinesfalls in Richtung eines solcherart gestalteten,wahrheitlichen, Definitionskomplexes ausgelegt. Wir versuchen, eine Krankheit mit den Mitteln und Vorstellungen und Möglichkeiten eines schwer Kranken, ja, mit den Kräften und Gedankengängen eines lebensgefährlich Verletzten, zu kurieren.
Kreiskonzept
Es ist dies also eine vergebliche Suche, voll guten Willens, sicherlich, doch im Zirkelschluss. Mit dem, was unsere generelle, jedoch immer komplett individuelle Kommunikation, der Bedeutung einer Begrifflichkeit an „zusätzlicher“ Dynamik verleiht (das Ego Konstrukt) wird es immer, vom Ego lächelnd postuliert, heißen: „Suche, aber finde nicht!“
Das vorgebliche Außen
Wir können etwas, das außerhalb unseres Verstehens liegt, weder mit unserem Verstehen, noch durch dessen Werkzeuge erfahren. Dies ist ausgesprochen grundlegend, und die dualistische, wertende Logik unserer Denkstruktur suhlt sich in unserem Unverständnis dieser fatalen Sachlage. Alles in uns schreit danach, einem, nicht näher beschriebenen „Außen“ die „Schuld“ zu geben, an den „Umständen“.
Bedeutung der Sprache
Wenn wir uns dieses Bild nun ein wenig aus der Distanz betrachten, tun sich uns jedoch ,vielleicht, einzelne Komponenten dieses, unseres generellen Miss- und Unverständnisses auf. Ein Ergebnis einer solchen Art der verinnerlichten Betrachtung ist die Erkenntnis, dass unsere artikulierte Rede, also das, was wir zur „Welt außerhalb“ sprachlich und auch in Gesten kommunizieren, das ist, was als Quintessenz unserer Gedankengänge, vom „Außen“ (vorgeblich), VON/ÜBER UNS wahrgenommen wird.
Traurige Basis
Eine unwahrscheinlich umfangreiche Abfolge von Schlussfolgerungen, Ahnungen, Vermutungen, basierend auf unverstandenen Algorithmen, Präambeln und Prämissen, die dann, auf das „allgemein“ verständliche reduziert, so bereits zur Unkenntlichkeit verzerrt, unser Lebensbild spiegeln, ist die Basis für dieses schlussendlich postulierte Endergebnis – also das, was wir, quasi als zussammenfassende „Erklärung,“nach „Außen“ weitergeben.
Allmächtige Sprache
Was wir mit diesem, unserem Statement, nun bei denjenigen, für die es bestimmt ist, bewirken, ist noch eine andere subtile Geschichte, die wir bei Gelegenheit betrachten. Für uns persönlich und individuell, muss deutlich werden, dass das, was wir von uns geben, was und wie wir sprechen, in erster Linie, in vollem Umfang, uns anbelangt. Es ist eine – unsere – Verlautbarung über das „Leben“. Und alles, was diese Verlautbarung angeht – ihre Intention, die Art und Weise wie sie körperlich und auch sprachlich artikuliert wird, das, was diese Worte mit Dir tun, in in Hinsicht auf Deine Gefühle, ihr formeller Inhalt – das bist DU!
Der edle achtfache Pfad – Aryāṣṭāṅgamārga
Vielleicht ist aus dieser Perspektive der Begriff der „rechten Rede“, über die Lord Buddha im Zugsamenhang, in seiner allerersten öffentlichen Rede, dem ersten „Dharmartalk“ referierte, etwas verständlicher. Er ist absolut (!) umfänglich. Auch all die anderen heiligen Wortschöpfungen wie „Achtsamkeit, Mitgefühl“ und „Dankbarkeit, Vertrauen“ viele andere Parabeln, gewinnen derart vollkommen „neue“, riesige Dimensionen. Unsere Rede – die konkret uns selbst alleine im „Jetzt“ spiegelt, ist ein mächtiges Werkzeug. Wenn nicht vielleicht das mächtigste Instrument des Körpers überhaupt.
Sprache ist Erlösung
So wird vollkommen deutlich, dass weder in dem, was wir sprechen, artikulieren, genauso wenig natürlich – eine stringente Voraussetzung – in dem was wir denken, nichts auch nur tendenziell negatives vorhanden sein dürfte, wenn wir einer letztlichen Erkenntnis näher kommen möchten. Eine gewaltige, scheinbar unlösbare Aufgabe – sind wir doch in unserer Blindheit des wertenden Denkens, der festen Überzeugung, ein – wie auch immer geartetes – „Außen“ würde das Vokabular unseres Lebens bestimmen.
Gigantische Einflussnahme
Neben dem, an dem, was für eine ungeheure Bedeutung also das Gesprochene für uns selber hat – artikuliert es doch unser SELBST IM JETZT – kann man ermessen, welchen gigantischen, vielleicht zerstörerischen, unter Umständen verwirrenden, gegebenenfalls sogar „krank“ machenden Einfluss unsere Worte auf das Gegenüber haben – auch wenn ihm und uns das vielleicht gar nicht bewusst ist. Und genauso, mit derselben Kraft und Wertigkeit, können Worte auch das Gegenteil vom Negativen bewirken. Sie können heilen.
Der Macht nicht bewusst
Wir sind nicht in der Lage, zu ermessen, was das, was wir – vielleicht unbedacht – von uns geben, bei anderen Individuen bewirkt. Vielleicht sind mit gewissen Worten „Trigger“ verbunden, Assoziationen, deren weitere Entwicklung durchaus folgenreich sein könnte. Wir sind uns der Intensität, der Macht, der Kompetenz unserer Worte nicht wirklich bewusst – wir erkennen nicht, welch ungeheure Macht uns gegeben ist.
Die rechte Rede
Doch – wenn wir die Wahrheit erkannt haben, so wir ihr nur nähergekommen sind, – werden wir der aufmerksamste Zuhörer sein, werden unsere Antwort sorgfältig erwägen – und sind in der Lage, wenn wir keine wirklich zufriedenstellende Antwort zur Verfügung wissen, zu SCHWEIGEN. Wenn wir jedoch reden, so ist unsere Rede die Wahrheit – und sie kann ohne Zögern immer und mit einem Lächeln ausgesprochen werden. Und wenn wir Wahrheit sprechen – sprechen wir LIEBE. Und wenn wir schweigen, schweigen wir Liebe. Absolute, allumfassende Schöpfungsliebe.
Instrument der Schöpfung
Unsere Worte sind dazu bestimmt, ein Werkzeug der Liebe zu sein. Und nur so, in diesem Sinne sollten wir sie auch benützen – oder still schwiegen. Notwendig dazu ist Konzentration. Das ist ein konkreter Pfad der Achtsamkeit – hin zur Erkenntnis. Indem wir schweigen oder unsere Worte sorgfältig wählen, entziehen wir dem Negativen Energie, führen keine neue hinzu.
Ändernder Wandel
Dass, dieses, unser, liebendes Reden, beziehungsweise unser liebendes Schweigen, Auswirkungen positiver Art zeitigt, ist vollkommen natürlich. Hier wird die wahrgenommene Welt des Urteils, die Körperwelt, die „historische Dimension“ des Buddhismus, transzendiert, es tun sich „sozusagen“ Wunder auf. Das liebende Verhalten in der artikulierten Sprache tangiert urheblich auch das Handeln, die Aktion. Wir befinden uns im Wandel.
Fließende Bewegung
Das Wort „Wandel“ impliziert dabei die Zeitgebundenheit, es wird regelmäßig kein „Umschalten“ von einem Tag auf den anderen geben, es zeigt sich deutlich Entwicklung durch „Bewegung“ – wir können sehen, dass sich dieser Pfad zu Nichtgeburt und Nichttod selbst noch Hierarchiegebunden zeigen muss, um Umsetzung zu bewirken. Doch ist er selbst nicht in dieser Ebene, dieser Dimension zu finden. Es ist lediglich möglich, auf den Mond zu deuten, dort hin reisen muss jeder Suchende „in eigener Person“.
Interaktion
Wir können erkennen, dass „rechtes Reden“ – obwohl umfänglichst als „Heilmittel“ im weitesten Sinne zu betrachten, durchaus auch das Ergebnis dieser Bewegung ist. Rechtes Reden, Rechtes Denken, Rechtes sich versenken, rechtes Handeln – Sie INTERAGIEREN. Die Atemmeditation ist der Schlüssel zur Pforte – sie zu öffnen, bedeutet, sich mit in diese wahrheitliche Interaktion von Körper und Geist einzubinden. Das meint wirklich und tatsächlich zu leben, zu essen, zu trinken, zu laufen, zu sehen, zuzuhören – und eben auch zu reden.
Scheinbare Hierarchie
Einer der sogenannten Anfangspunkte (es gibt kein Anfang und kein Ende), einer der „Punkte“, der uns die Möglichkeit zum Verständnis nahezu aufdrängen, eine „Bewegung“ die wir für uns tun, scheinbar in einer Zeit- und Verstehenshierarchie, ist die gedankliche „Wanderung“ an einen „Ort“, an dem all die Turbulenzen der Körperwelt, all der Lärm der Gesellschaftsregeln, die wir auch mit unserem Sprechen, unserem Reden noch befeuern, all dieser ungeheure Lärm also, verstummt ist. Diesen Ort erreichen wir mit der von Buddha beschriebenen Atemmeditation.
Atemmeditation
Indem wir in diesem Daheim, das wir für uns in der Meditation durch die Vereinigung vom Atem – also Körper – und Geist, erreichen, indem wir dort verweilen, ihn heilsam und heilend aufsuchen, transzendieren wir alle Hierarchien zum Einen, tun zum Anderen die Strukturen unseres und des Leides unserer Ahnen auf, wir verstehen ihre Natur – und so haben sie keinerlei bewegende Existenz mehr für uns. Und so wird, in einem Zusammenwirken der heilenden Ursachen, über die Transzendierung von Körper und Atem in der Atemmeditation, dem Stillschweigen, dem zumindest ruhigen, angstfreien Fluss der Gedanken, die absolute Interaktion der Schöpfungsliebe wirksam.
Fazit
Dies ist ein Pfad, der, nachdem anfängliches Dickicht überschritten wurde, immer leichter und angenehmer, dann mit freudigen Erstaunen, mit intensivsten Gefühlen der Verbundenheit, der Liebe zu den Geschöpfen, begangen wird. Und es ist möglich, diesen Pfad hier „auf Erden“, wohl losgelöst von Parabeln und Algorithmen der Körperwelt, zu beschreiten. Nirwana, das Paradies existiert im Hier und Jetzt. Und nur dort.
Interessant
Die wunderbare Blume des Soseins